Thixotropie
Viskositätsänderung mit der Zeit
Unter Thixotropie versteht man sowohl den Rückgang der Viskosität unter Scherung im Verlauf der Zeit als auch das Ansteigen der Viskosität im Verlauf der Zeit, wenn die Probe nicht mehr oder nur noch wenig geschert wird. Im Unterschied zum Begriff "Scherverdünnung" kommt es bei der Thixotropie also auf die Viskositätsänderung mit der Zeit und nicht mit veränderlicher Scherrate an.
Thixotrope Proben sind praktisch immer auch scherverdünnend, aber scherverdünnende Proben nicht unbedingt thixotrop. Thixotropie ist also weniger häufig als Scherverdünnung. In der Praxis wird der Begriff Thixotropie sehr uneinheitlich verwendet: Häufig wird auch von Thixotropie gesprochen, wenn Scherverdünnung gemeint ist.
Besser als der Begriff "Thixotropie" sind die Begriffe Strukturabbau (unter Scherung) und Strukturaufbau (in Ruhe).
Zur Messung der Thixotropie empfiehlt sich der 3-Interval-Time-Test (3ITT). Bei diesem Test werden drei Messabschnitte in Serie kombiniert, um den zeitabhängigen Ab- und Aufbau der Probenstruktur zu untersuchen. Der erste Messabschnitt beschreibt die Ruhephase vor der Verarbeitung; hier wird eine kleine Scherrate vorgegeben. Messabschnitt 2 dient zur Simulation der Scherung während der Applikation; hier wird eine hohe Scherrate vorgegeben. Intervall 3 beschreibt die Erholungsphase und damit die Strukturerholung nach dem Applizieren. Der Strukturwiederaufbau ist für die Anwendungstechnik meist am interessantesten.
Thixotropietest
Oben: Vorgabe der Scherrate als Sprungfunktion.
Unten: Viskosität der Probe in den einzelnen Messabschnitten.
Häufig wird noch ein anderer Versuch zur Untersuchung thixotroper Proben angewendet: Misst man die Fließkurve in drei Abschnitten Aufwärtsrampe, Haltezeit, Abwärtsrampe, dann zeigen thixotrope Proben eine Hysterese, d.h. die Abwärtsrampe liegt unter der Aufwärtsrampe. Die Fläche zwischen den beiden Messkurven ist ein Maß für die Thixotropie.
Diese Hysteresefläche kennzeichnet jedoch hauptsächlich den Strukturabbau, denn ein ungestörter Strukturaufbau findet bei diesem Versuch nicht statt, weil mit Ausnahme der allerersten und -letzten Messpunkte immer erheblich geschert wird. Der interessante Strukturaufbau lässt sich mit dieser Methode nicht messen.
Es gibt auch (selten) das Gegenteil des thixotropen Verhaltens: Wenn unter Scherung die Viskosität zunimmt und ohne Scherung wieder abnimmt, nennt man dieses Fließverhalten rheopex.
Strukturabbau / -aufbau (3ITT) als Oszillationsmessung
Der Test für den Strukturabbau und -wiederaufbau lässt sich vorteilhaft mit Oszillationsmessungen kombinieren. Die Ruhephase vor der Verarbeitung wird in Messabschnitt 1 als Oszillationsmessung mit kleiner Deformationsamplitude simuliert. Die Amplitude soll innerhalb des linear-viskoelastischen Bereiches (LVE) liegen, damit die Struktur der Probe in diesem Messabschnitt ungestört ist. Intervall 2 (Belastung) wird wieder als Rotation bei hoher Scherrate ausgeführt. Intervall 3 (Strukturerholung) wird wie Abschnitt 1 in Oszillation mit gleicher Frequenz und Amplitude durchgeführt. Im Unterschied zum Thixotropietest in Rotation (Rot-Rot-Rot), erhält man beim Test in der Variante Osz-Rot-Osz auch Informationen zum Wiederaufbau der Elastizität, indem man den Verlauf vom Speichermodul G' im Erholungsabschnitt betrachtet.
Messung der Thixotropie mit Hilfe einer Oszillationsmessung.